Nachdem Prof. Streeck in der Heinsberg-Studie erste Erkenntnisse, z.B. über die wesentlich niedrigere Sterbequote, als allgemein angenommen wird, bekannt gegeben hat und über behutsame Lockerungen gesprochen hat, wird er von Drosten angegriffen: „Der Berliner Virologe Christian Drosten kritisierte die Präsentation der Ergebnisse. „Ich kann daraus überhaupt nichts ableiten“, sagte er während eines Online-Seminars des Kölner Science Media Center: „Das war alles so ein bisschen vage.“ Drosten merkte an, das derlei Daten üblicherweise in einem wissenschaftlichen Manuskript zusammengefasst würden, bevor man damit an die breite Öffentlichkeit und auch an die Politik gehe.“ zitiert nach
https://rp-online.de/panorama/coronavirus/erste-resultate-der-corona-studie-aus-heinsberg_aid-50000549
Streeck tut etwas gegen den Mangel an Forschung zur Virusverbreitung, den er dem RKI – vorsichtig formuliert – anlastet. Die ersten Ergebnisse sind angstreduzierend, und er fordert zugleich auf, in der Achtsamkeit bei den Kontakten nicht nachzulassen. Er hat auch auf die Bedeutung der Stärkung des Immunsystems (s. Nr. 8) hingewiesen, um die Bevölkerung insgesamt virusresistenter zu machen. Allesamt sinnvolle Maßnahmen, die wir angesichts der Virusdynamik kurzfristig brauchen, und auf die wir nicht warten können, bis ein ausführlicher wissenschaftlicher Bericht vorliegt.
Auf jeden Fall ist dieser Streit, den – ich befürchte es – die Politiker aufnehmen werden, um sich zu profilieren, fatal für die Bevölkerung, die verunsichert wird. Wer verunsichert ist, was jetzt richtig zu tun ist, wird mit dem Virus nicht mehr sicher umgehen und das ganze Problem verdrängen. Deshalb ist der übliche Streit zwischen Politikern und Wissenschaftlern, der jetzt nach einer kurzen Phase von scheinbarer Harmonie aufbricht, so fatal.
Heute schon zeigt sich, dass mein Vorschlag von gestern „Wissenschaftler müssen kooperieren“ die richtige Richtung weist. Jeder Wissenschaftler muss frei forschen können, daraus ergibt sich eine Vielfalt der Erkenntnisse. Dann müssen sie sich aber auch weise beraten, um diese Vielfalt in wissenschaftlich überzeugende Empfehlungen umzusetzen.
Einheit in der Vielfalt ist der Schlüssel zu den bestmöglichen Empfehlungen. Einheit in der Vielfalt brauchen wir nicht nur für die aktuelle Pandemie, sondern zur Lösung der grundlegenden Fragen des menschlichen Zusammenlebens, um die Klimakrise mit möglichst wenigen Klimatoten und Klimaschäden zu bewältigen und der Tatsache gerecht zu werden, die Corona uns vor Augen führt: Wir sind eine Welt und eine Menschheit.